TV-TIPP: Zeugenschutz - Abschied vom alten Leben / True Crime Doku bei ZDFinfo

©  ZDF und Alexander Griesser
Nach: LEBEN UNTER DER TARNKAPPE zeigt ZDFinfo am Freitag 22.07.17 um 20:15 Uhr eine weitere Reportage zum Thema: "ZEUGENSCHUTZ - Abschied vom alten Leben".

In der Reportage wird über die Anwendung des Zeugenschutzprogrammes zweier realer Personen/Familien berichtet.

Im ersten Fall geht es um Nourig Apfeld. Als Tochter syrischer Einwanderer muss sie erleben, wie ihr Vater sie eines Tages weckt und in das Wohnzimmer der Familie führt. Dort muss sie zusehen, wie von ihrem Vater und einem Cousin ein „Ehrenmord“ an ihrer Schwester begangen wird. Jahrelang wird sie von ihrem Cousin genötigt, Stillschweigen zu bewahren. Als sie sich schließlich an die Polizei wendet, wird sie gedrängt, eine Aussage zu machen und in das Zeugenschutzprogramm zu gehen.

Der zweite Fall wird von „Janus“ (fiktiver Name) geschildert. Er ist selbst ein krimineller Versicherungsbetrüger und hat mit einer ganzen Organisation zusammengearbeitet. Von der Polizei unter Druck gesetzt mit dem Versprechen, eine mildere Haftstrafe zu bekommen, lässt er sich darauf ein, gegen die Mittäter auszusagen und in das Zeugenschutzprogramm zu gehen.

Er muss trotzdem in Haft und niemand verhindert, dass er eines Tages genau dem Menschen gegenübersteht, gegen den er vor Gericht ausgesagt hat. Es folgt eine Zeit der gegenseitigen Schuldzuweisungen und alles endet damit, dass er aus dem Programm entlassen wird. Aussagen muss er laut Gesetz trotzdem weiterhin.

Die True Crime Reportage "ZEUGENSCHUTZ - Abschied vom alten Leben" zeigt sehr deutlich, dass es immer zwei verschiedene Sichtweisen auf das Zeugenschutzprogramm gibt. Einerseits erklären die Zeugenschützer ihre Handlungsweise und begründen diese ganz klar, andererseits berichten die Teilnehmer alle Vorgänge aus ihrer Sicht. Verständlicherweise gibt es dort sehr viele Emotionen und Unverständnis für bestimmte Vorgehensweisen.

Vielen ist sicher nicht bekannt, dass eine neue Identität/neuer Name nicht automatisch Bestandteil des Zeugenschutzprogramms ist.

Die Zeugenschützer allein entscheiden, ob es nötig, bzw. angebracht ist. So wird Nourig A. zwar 600 km entfernt in eine neue Stadt verfrachtet, aber auf ihrem Klingelschild steht groß und deutlich ihr voller Name.

Dass sie sich dann fragt, warum sie in ihrer Heimat quasi ihre eigene Identität ausgelöscht und beerdigt hat, ist wenig verwunderlich. Als sie sich einen Anwalt nimmt um die ursprünglichen Zusagen einzufordern, wird sie kurzerhand aus dem Zeugenschutzprogramm entlassen.

Weniger Verständnis hat man für den Betrüger „Janus“. Sicherlich hätte man verhindern müssen, dass er einer Person begegnet, vor der er geschützt werden soll, jedoch verstößt er in der Folgezeit immer wieder gegen die vom Programm geforderten Regeln. Auch er verliert sein Recht, am Zeugenschutz teilzunehmen.

Den Aussagen eines Anwaltes, der Zeugenschutz sei amateurhaft, wenig professionell und nicht zu Gunsten der betroffenen Personen, kann man sicherlich nur bedingt zustimmen, denn die Zeugenschützer halten berechtigt dagegen, dass nur die Negativ-Fälle in die Öffentlichkeit kommen.

Die restlichen Personen, bei denen das Programm perfekt funktioniert, werden (naturgemäß) nie erwähnt. Es sei kein einziger Fall bekannt, in dem eine Person im Zeugenschutz zu Tode gekommen sei.

Ob einen das wirklich beruhigt und ob man sich darauf einlassen möchte, muss im akuten Fall wohl jeder Betroffene für sich selbst entscheiden. Eine Entscheidung, die sein Leben verändert. So oder so.

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